Ob wir am Abend ein Buch aufschlagen um ein paar gemütliche Stunden mit Lesen zu verbringen, oder ob wir Texte im Internet anklicken kann ein großer Unterschied sein. Sicherlich: In beiden Fällen geht es darum, Textinhalte zu erfassen. Und doch haben wir als Offline-Leser und als Online-Leser ganz unterschiedliche Gewohnheiten.
Es mag Menschen geben, die stolz davon erzählen, wie schnell sie denn lesen können. Und das nicht nur beim Erfassen von Sachinhalten, sondern auch beim Genuss von Romanen. Das allerdings macht diesen Genuss nur kürzer. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die DVD mit dem Lieblingsfilm mit der dreifachen Geschwindigkeit abzuspulen, nur um dann stolz zu verkünden: „Ich kann Filme schneller angucken als jeder andere!“ Beim Lesen von Belletristik sollte es nicht um das Tempo gehen. Je mehr Zeit ich mir für ein gutes Buch lasse, desto mehr habe ich auch davon. Das Verhältnis von Investition und Genuss wird dadurch zwangsläufig besser.
Anders sieht das bei der Recherche im Internet aus. Der digitale Leser will einfach nur die gewünschten Informationen sehen. Und das möglichst kurz, knapp und aussagekräftig. Und wenn der Anbieter nicht das liefert, was ich haben möchte, dann bin ich mit einem Mausklick auch wieder fort. Wer der den Onlineleser also mit langen Texten und digitalen Bleiwüsten zu beglücken versucht, braucht sich nicht darüber zu wundern, wenn die Verweilzeiten auf den eigenen Webseiten immer kürzer werden.
Es kann schon sinnvoll sein, auch längere Texte zu veröffentlichen. Es soll ja auch Leser geben, die am Ende tiefer in die Materie einsteigen wollen. Doch das sollte den flüchtigen Leser nicht abschrecken. Im Idealfalle sollte die Überschrift schon alles sagen, was der Text nachher zu bieten hat. Vor allem dann, wenn die Inhalte auch in den sozialen Netzwerken geteilt werden. Ein packendes Foto und eine reißerische Überschrift und schon kommen die Kommentare. Und ja: Viele Menschen reagieren schon, bevor sie den eigentlichen (langen) Text gelesen haben. Und mache werden das auch niemals tun.
Gebt dem Betrachter das, wonach er verlangt: Ein Foto und einen Titel, der alles zusammenfasst, was wir ihm erzählen möchten. Und wer sich dann doch etwas mehr Zeit mit dem Thema befassen möchte? Der kann den fett gedruckten Teaser lesen. Und wer dann noch die Fähigkeit beherrscht, sich mit ausformulierten Inhalten zu befassen? Für den sollte dann noch ein langer Text bereitstehen. Aber bitte: Immer schön in großer Schrift formatiert und aufgelockert durch Absätze und Fotos. Und das Ganze kann dann noch von einem Video unterstützt werden. Dann werden die Inhalte Ohrgerecht vorgelesen und mit Stockfotos illustriert.